Text: H. Birkenheuer
Grafik und Fotos: H. Birkenheuer


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8.   Zeltgrößen in römischen Feldlagern

In den römischen Feldlagern kampierten die Kampftruppen und Offiziere in mitgebrachten Lederzelten. Über die Grundfläche eines Mannschaftszeltes gibt es eine weitgehende Übereinkunft aus unterschiedlichsten Veröffentlichungen. Die bisher gefundenen Fragmente von römischen Lederzelten deuten an, dass mindestens zwei unterschiedliche Zeltformen gebräuchlich waren.
Es ist aber nicht klar erkennbar, ob es sich bei den gefundenen Lederresten um ein Offiziers- oder Mannschaftszelt handelt. Einiges spricht dafür, dass die gefundenen Fragmente aus dem Lager Vidolanda von einem Centurio-Zelt stammen, wogegen die Zeltreste aus Valkenburg eher auf ein Mannschaftszelt hindeuten.


Lederzelte der Mannschaften

Eine Nachbildung von der Römerkohorte Opladen.
Mit Firsthöhen von 1,5 Meter
Grundfläche je Zelt 10 x 10 Fuß


Acht Infanteristen oder vier Kavalleristen hatten ein Mannschaftszelt zur Verfügung. Für den Auf- und Abbau sowie den Transport des Zeltes hatten sie einen Knecht und einen Muli als Tragtier.

In Vindolanda und Valkenburg wurden Teilstücke römischer Militärzelte gefunden, die für eine Rekonstruktion verwendbar sind. Die Fragmente aus Valkenburg könnten die Reste eines Mannschaftszeltes gewesen sein. Bei den Fundstücken aus Vindolanda gibt es verschiedene Deutungen. Dass ein Mannschaftszelt Seitenwände hatte, ist fraglich, während bei einem Offizierszelt - bedingt durch die Stehhöhe - Seitenwände üblich waren. Eine glaubwürtige realistische Darstellung von römischen Offizierszelten gibt es auf der Siegessäule des Kaisers Trajan. Dort ist zu erkennen, dass die Zelte der Offiziere und Feldherren volle Stehhöhen und eine geringe Dachneigung hatten.

Das Mannschaftszelt aus Valkenburg hatte eine Firsthöhe von 4 röm. Fuß - entspr. 1,2 Meter - was aber nicht heißt, dass es auch Mannschaftszelte mit Firsthöhen von 5 röm. Fuß - entspr. 1,5 Meter- gab, was aber sehr unwahrscheinlich ist. Eine größere Firsthöhe bedeutete nicht nur größeres Gewicht sondern auch höhere Anschaffungskosten. Aus logistischen Gründen dürfte das kleinere Zelt Vorrang gehabt haben. Der größere Komfort für den Legionär war zweitrangig.
Rekonstruiertes Lederzelt
Entsprechend Einzelfunden aus dem Lager Valkenburg - Front und Rückseite
Grundfläche ca. 3 mal 3 Meter; Höhe ca. 1,2 Meter


Einzelstücke des Romeins lederwerk uit Valkenburg Z.H. *11

Die Fundstücke lassen eine Zeltdachneigung von ca. 30 ° erkennen.

Dr. W. Groenman-van Waateringe hat 15 noch erhaltene Einzelstücke eines römischen Lederzeltes aus dem Lager Valkenburg erfasst. Aus diesen Einzelstücken lässt sich eine Firsthöhe von 1.2 Meter entspr. 4 röm. Fuß ermitteln.


Die Fundstücke aus Vindolanda sind nur mit Vorbehalt einem Mannschaftzelt zuzuordnen. Die Seitenwände erforderten zusätzliche Stützen und eine größere Aufstellfläche gegenüber einem herkömmlichen Spitzdachzelt.


Rekonstruktion eines Zeltes aus Vindolanda( Nordengland)

Zeichnung:J.-M. A.W. Morel
aus VAN DRIEL-MURRAY Carol ; 1990, Fig. 6
Fundstücke des Zeltes vom Vindolandatyp
Rekonstruktion einer möglichen Giebelform
Zeichnung:J.-M. A.W. Morel
aus VAN DRIEL-MURRAY Carol ; 1990, Fig.3

Die Fragmente des Zeltes aus Vindolanda deuten auf einen größeren Zelttyp. Als Mannschaftszelt sind die Seiten zu hoch und als Offizierszelt müsste es um einige Lederbahnen an der Frontseite ergänzt werden. Daraus ergibt sich dann zwangsläufig eine größere Firsthöhe, was wiederum auf eine volle Stehhöhe hinausläuft.

Lederzelt eines Centurio

Eine Nachbildung der Römerkohorte Opladen
Grundfläche 16 x 16 Fuß

Das größere Centurio-Zelt wurde während einer Marschphase außer von dem Centurio noch von den drei Principales ( Unteroffiziere) der Centurie für die Übernachtung mitbenutzt. Bei längeren Aufenthalten wurde das Offizierszelt der Centurie die Ersatzschreibstube des Centurio.

In einem Standlager wurde das größere Zelt vom Centurio allein benutzt.
Das Marschgepäck einer römischen Truppe bestand zum gößten Teil aus kleinen Mannschaftszelten und nur wenigen Offizierszelten. Vorstellbar ist, dass die gefundenen Fragmente in Vindolanda von einem Offizierszelt stammen. Ein größeres Offizierszelt muss aus mehreren Einzelstücken zusammengefügt worden sein, um diese Stücke auf mehreren Lasttieren zu verteilen. Eine realistische Rekonstruktion eines Lederzeltes verdeutlicht eine mögliche Ausführung eines Offizierszeltes.
Maßstabgerechter Aufriss der Lagerzelte
Offizierszelt aus Vindolanda und Mannschaftzelt aus Valkenburg
Grafik: H. Birkenheuer
Aus dem maßstabgerechten Aufriss der beiden Zelttypen erkennt man den unterschiedlichen Komfort in einem Feldlager. Besonders auffällig ist die Stehhöhe bei den Offizierszelten. Für die Anordnung der Zelte auf den vorgegebenen Lagerplätzen gab es eine über Jahrhunderte bewährte Vorgabe.

Eine realistische Zeichnung verdeutlicht die Größenverhältnisse in einem Marschlager.

Marschlager mit Lederzelten

Diese Zeichung wurde aus einer Ausstellung im Saalburg-Museum übernommen.

*11 - Dr. W. Groenmann-van Waateringe - Romeins lederwerk uit Valkenburg Z.H. 1967 / S.101